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Traumjob «Comic-Zeichner»: Der schwierige Einstieg in die Branche lässt Träume platzen

Matthias Müller (22) zeichnet von klein auf Comic-Figuren. Zeichner war lange sein Traumberuf – jetzt muss er feststellen: Die Branche bietet fast keine Chance für einen erfolgreichen Einstieg.



«Es fasziniert mich, wie eine ganze Welt aus Strichen entstehen kann», sagt der Zuger Matthias Müller (22) und zieht mit einem roten Farbstift leichte Striche auf Papier.

Er zeichnet zuerst simple Linien, dann ergänzt er die Skizze mit Kreisen und korrigiert ab und zu. Den Radiergummi nimmt er aber fast nie in die Hand – er übermalt die missglückte Stelle.

Matthias sitzt an einem Holztisch in seinem Arbeitszimmer. Es ist hell, schlicht dekoriert. Die Wände sind weiss. in der einen Hälfte des Raums befindet sich neben dem Tisch eine kleine Kommode. Darin bewahrt er Stifte und andere Werkzeuge auf.

In der anderen Hälfte des Raums stapeln sich verpackte Kisten und Geräte. Kürzlich sei er umgezogen, begründet er die Unordnung.

Bis seine Zeichnung fertig ist, dauert es keine 15 Minuten. Aus dem Skelett aus Strichen und Kreisen wurde eine der berühmtesten Enten. Donald Duck. Sie eignet sich für Matthias besonders gut, um am Comic-Stil zu üben.

In der folgenden Grafik kann man die Skizze und die fertige Zeichnung vergleichen.

Warum Matthias Comic-Figuren zeichnet

Matthias ist heute 22 Jahre alt.


Porträt-Foto von Matthias Müller. Er trägt ein blau-weiss kariertes Hemd und eine hellbraune Brille. Er hat braune Haare und sitzt auf einem Liegestuhl auf seinem Balkon.

Im Schulalter kam er zum ersten Mal in Kontakt mit Comics – primär von Disney. Ihn faszinierten anfangs die Zeichnungen, später auch das Geschriebene. «Ich wollte die Zeichnungen unbedingt nachmachen, imitieren», erzählt er.


Mit zehn Jahren setzte er sich professioneller mit den Techniken auseinander und analysierte die Comics, die er las. Er probierte neue Stile aus, andere Maltechniken, verschiedenes Material. Aber: Er kam immer zum Comic zurück.


«Mir sind besonders die Gesichtsausdrücke der Figuren wichtig, die Mimik. Schattierungen sind sekundär, Emotionen machen Zeichnungen lebendig», erklärt er. Sein Wissen habe er sich teils selbst angeeignet, teils aus Videos oder von anderen Künstlern gelernt.


Im Video erzählt er, wie er den bekannten, deutschen Comic-Artist Ulrich Schröder getroffen hat.


Doch: Was nützt ihm das Wissen für seinen beruflichen Weg?


Hartes Pflaster: Jeder zweite Comic-Zeichner verdient jährlich unter $12,000

Comic-Artist oder Cartoonist zu werden, ist schwierig. Davon leben zu können, schaffen die wenigsten. Das musste auch Matthias einsehen: «Ich stellte fest, dass es in der Schweiz fast keine Möglichkeiten gibt».


Es gäbe einen Fachhochschul-Lehrgang in Genf. Weitere Kurse in Deutschland oder Amerika kämen in Frage. Aber was dann? Aufträge von Zeitungen, Verlagen oder Filmproduzenten gibt es zwar, aber nicht sehr regelmässig.


Ein prominenter Analytiker der Comic-Branche, Augie De Blieck Jr., schreibt in einem Beitrag: «Ernsthaft, werde kein Comiczeichner. Tu es einfach nicht.» Er legt dar, dass die grossen TV-Stationen die Künstler zwar vertragsgemäss bezahlen, aber sie nicht im Abspann der Ausstrahlung erwähnen.


Weiter erzählt er von unfairen Arbeitsbedingungen und dass man sich unbedingt eine zweite Einnahmequelle suchen müsse.


Eine Umfrage, die von einem bekannten Forum in der Comic-Industrie in Amerika durchgeführt wurde, zeigt, dass knapp 50 Prozent aller befragten Comic-Zeichner unter 12,000 Dollar pro Jahr verdiente.


Die Resultate der Umfrage sind vor sieben Jahren publiziert worden. Die Armutsgrenze lag in diesem Jahr bei rund 11,800 Dollar. Aktuelle Umfragen gibt es wenig. Schätzungen zum Stundenlohn gehen aber von etwa $2 bis $20 pro Stunde aus. Die Unterschiede sind gross.


Comics zeichnen als Hobby

Dass Matthias seinen Koffer packt und nach Amerika zieht, um dort eine Comiczeichner-Karriere zu starten, ist unwahrscheinlich. Er sei nie an dem Punkt gewesen, dass diese Möglichkeit wirklich in Frage käme.


Die Hoffnung, dass sich für ihn bald was ändern könnte, ist nicht verloren: Matthias habe ab und zu mit den Autoren der US-amerikanischen Fernsehserie «American Dad» Kontakt.

Auf Social Media beispielsweise teilt er «Animatics» – quasi Vorversionen zu fertigen Animationen.


GIF-Animation: Francine Smith (Charakter aus der US-amerikanischen TV-Serie «American Dad») rutscht aus. Ihr High Heel landet in Rogers Gesicht. Er lässt ihn zurück in ihr linkes spicken.
GIF-Animation: Francine Smith und Roger (Charaktere aus der US-amerikanischen TV-Serie «American Dad»)

Der Einstieg in die Branche ist für junge Zeichner-Talente schwierig. Auch für Matthias Müller.

Bis sich die Arbeitsbedingungen ändern, übt er weiter – hobbymässig.

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